Das Zelt - ein Zuhause für unterwegs

Welches Zelt eignet sich für meine Reise? Hier ein paar wertvolle Tipps bei der Auswahl deines Zeltes.

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Auf unserer Weltreise haben wir die meisten Nächte im Zelt verbracht. Zuerst unterwegs mit dem Fahrrad, dann mit Auto und Dachzelt. Dazwischen immer wieder Trekks, auf denen wir ebenfalls ein Zelt mit dabei hatten. Wenn man längere Zeit in der Natur unterwegs sein will, kommt man um dieses Stückchen Stoff nicht herum. Doch die Auswahl eines passenden Zeltes für die eigenen Abenteuer kann eine Herausforderung darstellen. Zelte gibt es in den verschiedensten Farben, Formen und Preisen zu haben. Neben den oben erwähnten Zelten gibt es vom günstigen Festival Zelt bis hin zum aufblasbaren Outdoor Haus (ja, sowas gibt es), wirklich alles. Jedes dieser Zelte hat einen Anwendungsbereich und daher macht es Sinn, sich vor allem zu überlegen, welchen Anforderungen das eigene Zelt genügen sollte, wie man unterwegs ist und welche finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Schlussendlich geht es darum den besten Kompromiss zu finden, denn ein solcher ist es immer!

Zeltformen

Ich möchte an dieser Stelle auf die geläufigsten (Outdoor-) Zelttypen und ihre Vor- und Nachteile eingehen und dann auch die beiden Zelte (das Dachzelt lasse ich hier weg) vorstellen, die wir mit dabei hatten.

Tunnelzelt
Ein Tunnelzelt hat eine oder mehrere Stangen, die parallel zueinander angeordnet sind und sich nicht kreuzen. Um es aufzustellen muss es also zwingend verankert werden. Richtig in den Wind gestellt, kann es diesem, aufgrund seiner aerodynamischen Form, auch bei starken Böen gut widerstehen. Gleichzeitig ist es verhältnismässig leicht. Die Stangen werden meist am Aussenzelt befestigt und das Innenzelt hängt darin (skandinavische Bauweise). Dies hat den Vorteil, dass das Zelt schnell aufgestellt werden kann und das Innenzelt dabei auch bei Regen trocken bleibt.

+ Tiefes Gewicht
+ Innenzelt bleibt beim Aufstellen trocken
+ Viel Raum für Gepäck
+ Bei Wind einfacher aufzustellen

- Muss verankert werden
- Innenzelt nicht allein aufstellbar (z.T. gibt es hierfür Zusatzkits)
- Wenig belastbar

Kuppelzelt
Beim Kuppelzelt sind die Stangen grundsätzlich in zwei Bögen diagonal über der Grundfläche aufgespannt. Neuere Zelte haben zusätzlich zusätzlich teils noch kürzere Stangen, die für mehr Raum sorgen. Das Kuppelzelt ist, bis auf die Apsis (Vorzelt), welche manchmal ausgespannt werden muss, freistehend. Dies ist vor allem auf hartem Boden von Vorteil. Kuppelzelte sind belastbarer als Tunnelzelte (etwa bei Schnee). Meist wird das Innenzelt mit dem Gestänge aufgestellt und das Aussenzelt darüber gespannt (amerikanische Bauweise), wobei es hier auch einige Ausnahmen gibt. Der Vorteil ist dabei, dass das Innenzelt auch separat, etwa in heissen Nächten als Mückenschutz, aufgestellt werden kann.

+ Freistehend
+ Schnell aufzustellen
+ Erhöhte Belastbarkeit

- Innenzelt kann beim Aufstellen nass werden
- Grundfläche meist kleiner
- Höheres Gewicht

Geodät Zelt
Das Geodät Zelt ist ein Spezialform des Kuppelzelts und hat mindestens drei Stangen, welche an mehreren Punkten gekreuzt werden (im Gegensatz, zum Kuppelzelt, welches grundsätzlich nur ein einen Kreuzungspunkt aufweist). Dabei entsteht ein halbkugelförmiges Zelt. Auch das Geodät Zelt ist freistehend, und aufgrund seiner Konstruktion extrem sturmfest.

+ Freistehend
+ Hohe Belastbarkeit

- Höheres Gewicht
- Grundfläche meist kleiner

Leichtbauzelt
Leichtbauzelte gibt es natürlich in allen Formen, da das Gewicht zu einem grossen Teil vom gewählten Material abhängt. Bei sehr leichten Modellen finden sich aber gerne Firstzelte und Pyramidenzelte, welche anstatt der Gestängebögen ein (Pyramidenzelt) oder zwei (Firstzelt) senkrechte Stangen verwenden. Diese können in der Praxis auch durch Wanderstöcke oder Äste ersetzt werden, was das Gewicht noch einmal senkt.

+ Sehr leicht
+ Flexibles aufstellen

- Muss verankert werden
- Weniger windfest

Zelttypen

Soweit einmal zu den Formen. Die meisten davon findet man dann in verschiedenen Ausführungen und aus diversen Materialien.

'Saison'
Je nach dem in welcher Saison und bei welchen Bedingungen man unterwegs sein will. Man spricht hier von 3-Saison oder 4-Saison Zelten. Die Idee ist, dass bei einem 3-Saison Zelt das weggelassen wird, was nur in extremeren Bedingungen, wie Schnee, tiefe Temperaturen, Sand, starke Winde, etc. gebraucht wird.

Merkmale 3-Saison Zelt
- Aussenzelt geht nicht bis zum Boden runter
- Innenzelt hat Mesh, welches sich nicht zusätzlich verschliessen lässt
- Dünneres Gestänge

Merkmale 4-Saison Zelt
- Aussenzelt deckt bis zum Boden (je nachdem zusätzlich mit Schneelaschen)
- Mesh kann zusätzlich gegen Schnee, Sand und Kälte geschlossen werden
- Stärkeres Gestänge
- Zusätzliche Abspannleinen

Das 3-Saison Zelt ist im Vergleich leichter und besserdurchlüftet, während das 4-Saison Zelt mit harscheren Bedingungen auskommt... Wer solche Voraussetzungen nie oder nur äusserst selten (einzelne Nächte lassen sich durchaus überbrücken) erwartet, tut gut daran, sich für die leichtere Variante zu entscheiden.

Material
Die meisten Zelte bestehen aus einem Gewebe aus Nylon oder Polyester, welche mit PU oder Silikon beschichtet werden, um sie Wasserdicht zu machen. Silikonbeschichtete sind reissfester, UV-beständiger und langlebiger. Es ist also vor allem eine Frage des Preises. Die Nähte werden vernäht (mit Nylon- oder Baumwollgarn, letzteres quillt bei Feuchtigkeit auf und dichtet so die Nähte ab) oder verklebt und je nach dem noch zusätzlich abgedichtet. Häufig werden für ein Zelt verschiedene Prozesse verwendet (etwa für Boden und Aussenzelt). Die Wasserdichtigkeit des Stoffs wird in Millimeter Wassersäule angegeben. Aussenzelte gelten ab 1500 mm und Zeltböden ab 2000 mm als wasserdicht. Aber aufgepasst, gerade beim Boden reicht dies häufig nicht, da beim Knien über 4000 mm Druck entstehen können, daher können höhere Werte hier durchaus Sinn machen, überhaupt sind die Unterschiede der verschiedenen Zelte an dieser Stelle riesig.

Zusätzlich erwähnen möchte ich an dieser Stelle das Material Dyneema, welches in jüngerer Vergangenheit immer mehr Eingang in die Zeltherstellung gefunden hat. Hierbei handelt es sich um ein sehr leichtes Material, welches enorm widerstandsfähig ist und eine extrem hohe Wassersäule aufweist. Einzig der hohe Preis und das 'Rascheln' können hier als Nachteile aufgelistet werden.

Auswahl

Beim Auswählen des Zeltes geht es schlussendlich immer darum, abzuwägen  zwischen 'Können' und Gewicht, also den Kompromiss zu finden, der sich am wenigsten wie einer anfühlt. Da ein Zelt im Regelfall nicht nur für eine Reise gekauft wird, lohnt es sich, auch zukünftige Verwendungszwecke so gut wie möglich mit einzubeziehen. Und natürlich spielt der Preis dabei auch noch eine gewisse Rolle. Darum ist es wichtig, sich gut zu überlegen, unter welchen Bedingungen das Zelt eingesetzt werden soll, denn diese bestimmen schlussendlich über den Typ und die Ausführung des Zeltes. Hier sind ein paar Fragen, die dabei helfen können.

  • Wie bin ich unterwegs (Zu Fuss, Fahrrad, Kanu, Auto, etc.)?
  • Welches Wetter/Klima erwarte ich?
  • Welche Besonderheiten erwarten mich (Schnee, Sand, etc.)?
  • Wie sieht der Boden aus (Kies, Wald, spitze Steine, etc.)?
  • Wie viel Material habe ich mit dabei und muss ins Zelt passen?
  • Wie viel Platz steht mir beim Aufstellen zur Verfügung?

Und dann kommt man ums Testen nicht herum. Ein Zelt welches online super geräumig aussieht kann in der Realität plötzlich zu eng für die eigenen Bedürfnisse sein. Daher lohnt es sich, im Fachhandel vorbeizuschauen und die verschiedenen Zelte auf- und abzubauen und vor allem mal reinzukriechen.

Unsere Zelte
Auf unserer Reise hatten wir abgesehen vom Dachzelt zwei Zelte mit dabei. Eines auf der Fahrrad Tour und danach ein anderes zum Trekken. Da die Ansprüche an das Zelt so komplett unterschiedliche waren, machte es für uns wenig Sinn dasselbe Zelt für beide Teile der Reise mitzunehmen. Dies ist natürlich Luxus und mit ein paar Abstrichen liesse sich auch die ganze Reise mit einem Zelt bewältigen. Hier dennoch die Überlegungen, welche in unsere Entscheidung eingeflossen sind und die Erfahrungen, die wir gemacht haben.

Im ersten Jahr mit dem Fahrrad hatten wir das Hilleberg Kaitum 3 mit dabei. Die Hilleberg Zelte gehören, was die Stärke und Wetterfestigkeit des Materials anbelangt zu den absoluten Top-Zelten und das spiegelt sich auch im Preis wieder. Dennoch wollten wir, gerade für das erste Jahr, nicht beim Zelt sparen, da wir wussten, dass wir die grosse Mehrzahl unserer Nächte darin verbringen werden. Es sollte also ein Zuhause sein, in dem wir uns wohl und vor allem sicher fühlen konnten. Da wir mit dem Fahrrad unterwegs waren, konnten wir beim Gewicht ein Auge zudrücken. Auch rechneten wir mit den verschiedensten Bedingungen, wie Hitze, Kälte, Sand, Wind, etc. Es musste also unbedingt ein 4-Saison Zelt sein, welches allem standhalten konnte. Gleichzeitig wollten wir, gerade bei schlechtem Wetter, etwas mehr Platz im Zelt haben, weshalb wir uns für ein 3-Personen Zelt entschieden. Dies zahlte sich besonders in den ersten Wochen aus, als es praktisch jeden Tag regnete. So konnten wir im Zelt essen, spielen oder unsere Sachen packen. Die Besonderheit am Kaitum ist, dass es symmetrisch aufgebaut ist und zwei Eingänge mit je einem Vorzelt aufweist. So konnten beide je einen Eingang für sich beanspruchen, was wir sehr genossen. Auch können beide Vorzelte so zurückgeklappt werden, dass eine Art Tunnel entsteht, was bei höheren Temperaturen für etwas mehr Belüftung sorgt. Ein weiterer Vorteil dieses Modells ist, dass sich das Innenzelt nicht am einen Ende senkt. Dies kann nämlich bei grösseren Personen für feuchte Füsse sorgen, etwas das man meist erst nach dem Kauf merkt...
Nach 10 Monaten mit diesem Zelt können wir sagen, dass es sich absolut bewährt hat. Wir hatten keinerlei Probleme mit Feuchtigkeit oder starken Winden und das Material hielt allen Belastungen stand. Manchmal wäre ein selbststehendes Zelt sicher einfacher gewesen, aber es gelang uns mit Zuhilfenahme von Steinen oder ähnlichem immer, das Zelt aufzustellen und gut abzuspannen. Man muss hier manchmal einfach ein bisschen kreativ sein. Wir können das Kaitum für Radreisen also absolut empfehlen und freuen uns bereits auf viele weitere Nächte in unserem kleinen Zuhause.

Für den zweiten Teil unserer Reise entschieden wir uns für das MSR Hubba Hubba NX 2. Da wir mit dem Rucksack unterwegs waren, benötigten wir ein kleineres Zelt, welches nicht so viel Platz braucht. Wir wollten es nur bei einigermassen guten Bedingungen benutzen, so dass wir ein 3-Saison Zelt nehmen konnten, welches natürlich auch leichter ist. Dazu kam die Überlegung, dass dieses Zelt unser Hilleberg ergänzen sollte, so dass beide Zelte unterschiedliche Bereiche abdecken, was auch längerfristig Sinn macht. Darum stand ausser Frage, dass es ein leichtes Kuppelzelt für Trekking und Bergtouren sein musste. Da das Hubba Hubba eine nicht ganz so hohe Wassersäule aufweist und dies, wie wir von Bekannten hörten, vor allem beim Boden zum Problem werden kann, nahmen wir gleich noch einen Footprint mit dazu. Dies ist eine Art extra Boden, der genau den Grundriss des Zeltes aufweist und darunter gelegt werden kann. Mit diesem Setup fuhren wir sehr gut, auch wenn wir manchmal unser geräumiges Hilleberg etwas vermissen. Spätestens jedoch wenn der Rucksack gepackt und geschultert werden muss, ist diese Sehnsucht wie weggeblasen...