Die Geschichte einer weiteren Zugfahrt

Zugfahren ist eine Freude, wenn man dann mal ein Ticket hat...

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Die Zeit in der Türkei wird langsam knapp und die nächste Grenze ist noch nicht in Griffnähe. Eine Transportmöglichkeit muss her, um uns von Ankara in den Südosten des Landes zu bringen. Zugfahren ist eine Wonne für uns und die Homepage des türkischen Zugverbundes verspricht, dass auch Fahrräder willkommen sind. Perfekt, wir wollen auf den Zug.

Freudigen Schrittes marschieren wir zum Ticketoffice und welch Glück, genau ein Zweier-Schlafabteil ist an unserem Wunschdatum noch frei, selbst die Dame am Schalter freut sich mit uns. Wären da nicht die Fahrräder. Einmal mehr ist Google Translator unser einziges Kommunikationsmittel nebst Händen und Füssen. Sie habe Rücksprache mit dem Bahnhofsdirektor genommen lässt sie uns wissen, nur Klappräder werden akzeptiert und es habe leider keinen freien Wagen. Auch die Idee, die Stahlrösser ins Schlafabteil zu nehmen stösst auf Ablehnung. Wir diskutieren lange, denn wenn wir eins gelernt haben in der Türkei dann ist es, dass fast alles machbar ist mit einer Diskussionsrunde. Aber leider scheint uns das Glück verwehrt, die beiden Damen hinter dem Schalter bleiben standhaft und bevor wir unsere Sympathie komplett verspielen, verabschieden wir uns. So leicht wollen wir uns aber nicht geschlagen geben, denn uns graut vor der Vorstellung einer elend langen Busfahrt. Wir machen uns auf die Suche nach erwähntem Bahnhofsdirektor. Aus der Übersetzung ist nicht so genau verständlich, was wir uns darunter vorstellen müssen. Ob es sich eher um jemanden im Büro, den Bahnhofvorsteher oder doch den Zugbegleiter handelt, wir können es nicht mit Sicherheit sagen und fragen einfach alle. Die nette Dame am Informationsschalter ruft ebenfalls diesen berühmt berüchtigten Bahnhofsdirektor an und gibt uns die gleiche Antwort. Nur Klappräder sind möglich. Der Zugbegleiter sieht es etwas anders. "No Problem", klar können wir das Fahrrad mitnehmen. Man muss nur die richtigen Leute fragen... Wir erhaschen noch einen Blick auf die Zugkomposition des heutigen Tages, welcher die gleiche Route fährt und entdecken einen komplett leeren Transportwagen.

Unser Entscheid ist gefallen. Wir kaufen uns diese Tickets, falls es wirklich nicht klappt, kostet es glücklicherweise kein Vermögen. Zurück am Schalter, dieses Mal bei einer anderen, eher mässig motivierten Dame. Auf die Frage, ob noch ein freier Platz vorhanden ist im morgigen Zug antwortet sie ohne einen Blick in den Bildschirm mit "Nein". Wir haken nach, denn vor 15min hatte es ja noch Platz gehabt. Ahhh doch, es habe ja gerade noch ein Zweier-Schlafabteil frei. Welch Zufall... So halten wir nun diese Tickets in den Händen und hoffen, dass unsere Zugfahrt am nächsten Tag Realität wird.

Nicht gerade mit zitternden Knien, aber doch leicht angespannt sind wir am nächsten Tag zurück am Ort der Geschehnisse. Mit haufenweise Argumenten im Gepäck marschieren wir dem Zugführer entgegen und machen uns auf eine nächste Diskussionsrunde mit Google Translate gefasst. Aber weit gefehlt. Kein Problem, die Fahrräder in den Gepäckwagen, ein kleiner Aufpreis welchen wir nur zu gerne bezahlen und die Sache ist erledigt. Alle sind freundlich und neugierig, was wir für Kauze sind und wir überglücklich, dass es so einfach war am Ende.

So sitzen wir zufrieden in unserem Abteil und lassen die Landschaft an uns vorbeiziehen. Definitiv kein Schnellzug, aber dies ist uns vollkommen egal. Wir haben ja ein Schlafabteil und so lassen sich die 24h locker überstehen. Wir wissen bis heute nicht, wer diese mysteriöse Person ist, welche nur Klappvelos zulässt aber haben einmal mehr gelernt, dass sich das Nachhacken durchaus lohnt. Unsere einzige logische Erklärung zur ganzen Geschichte wäre übrigens, dass man das Fahrrad vielleicht als Fracht anmelden müsste. Falls es einmal jemand versuchen möchte, freuen wir uns, von deinen Erfahrungen zu hören.

Nächster Halt, Diyarbakır. Der kurdische Teil der Türkei ruft.