Gassi gehen, putzen, ausharren

Zwei Wochen in Avanos, geprägt von Kälte, neuen Bekanntschaften, Hundespaziergängen und Starbucks oder wie wir die Zeit überbrücken bis das Wetter wieder fahrradtauglich wird.

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Avanos ist unser Zuhause für ungefähr zwei Wochen. Die kleine Stadt liegt auf 920müM in Zentralanatolien an einem grösseren Fluss und ist geprägt vom Tourismus und den zahlreichen traditionellen Töpfereien. Über Workaway (eine Internetplattform, wo Mithilfe gegen Unterkunft vermittelt wird) haben wir einen Ort zum bleiben gefunden. Bei Lilian und Galip, einem holländisch-türkischen Paar mit drei Hunden und vielen Katzen finden wir eine Bleibe. Sie besitzen zwei Töpfereien im Dorf, wo sie seit vielen Jahren auf traditionelle Weise Töpferware herstellen. Ihr Zuhause ist ein ehemaliges Gasthaus, weshalb es viel Platz hat, auch für uns.

Unser Alltag für zwei Wochen ist geprägt von Hunden, Putzen, Kälte und Starbucks. Jeden Morgen werden wir frenetisch begrüsst von den drei Vierbeinern. Sie haben viel Energie und freuen sich sichtlich, dass wir täglich mit ihnen spazieren gehen, etwas weiter als sie normalerweise gewohnt sind. Ihre Begeisterung ist schier grenzenlos und Saras eher fragile Daunenjacke wird mehrmals Opfer der freudigen Attacken, zum Glück haben wir gutes Flickzeug mit dabei. Die Freude beruht auf Gegenseitigkeit, auch wir geniessen die morgendliche Runde mit unserem kleinen Rudel, obwohl uns manchmal fast die Finger abfrieren. Ja die Kälte bleibt ein treuer Begleiter in diesen zwei Wochen. Das Thermometer sinkt bis -14°C in der Nacht, die Tage meist um den Gefrierpunkt und fast täglich haben wir wir Schneefall. Die langanhaltende und krasse Kälte zu dieser Jahreszeit ist aussergewöhnlich, wir sind nicht die einzigen, die sich nach dem Frühling sehnen. So erledigen wir viel Hausarbeiten, reinigen Inn- und Aussenbereich und versuchen so, unsere lieben Hosts zu unterstützen. Einige Mittage verbringen wir in der Töpferei, wo wir gemeinsam mit den Angestellten essen dürfen. Nebst unserer Arbeit haben wir viel Zeit, aber die Kälte hemmt uns, grossartige Aktivitäten zu unternehmen und auch in der Töpferei herrscht eher noch Winterschlaf. So verbringen wir viele Stunden im Starbucks. Kaffee und Internet um die Zeit zu überbrücken. Mit der Zeit kennen die Angestellten unsere Namen und unsere Bestellwünsche, das sagt alles, wie viel Zeit wir dort verbracht haben... Sie sind nicht die Einzigen, die uns mit der Zeit kennen. Auch der nette Herr beim Çiğ Köfte (Speise aus Bulgur oder gehacktem Rindfleisch) Restaurant grüsst uns stets mit einem Grinsen. Dies übrigens eines von vielen leckeren türkischen Essen.

Immer wieder haben wir Zeit, beim morgendlichen Tee mit Lilian und Galip zu plaudern und der Gesprächsstoff geht nie aus. Es ist interessant, ihre Sichtweise auf die Dinge zu hören und mit Galip können wir unser Französisch wieder etwas auffrischen.

So ziehen die Tage vorbei, aber eigentlich sind wir in einer wunderschönen Region und sobald das Wetter einen Ausflug zulässt, nutzen wir die Chance. Kappadozien ist eine einmalige Region mitten in der Türkei. Unterschiedlichste Felsformationen in verschiedenen Farben lassen sich in diversen Tälern erkunden. Häuser, Tunnels und Kirchen aus der früheren christlichen Besiedelung finden sich an allen Ecken. Während einer unserer Entdeckungstouren treffen wir per Zufall ein deutsches Pärchen, welches wir von Instagram kennen, da sie ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs sind. Wir verabreden uns zum Abendessen und geniessen den Austausch mit Gleichgesinnten. Nebst den Felsformationen ist Kappadozien heutzutage für seine Heissluftballons bekannt. Jeden morgen (sofern die Bedingungen stimmen) bei Sonnaufgang steigen hunderte Ballone in den Himmel und locken viele Schaulustige an. In der Zwischenzeit ist die Region super touristisch und im Sommer wohl masslos überlaufen. Wir haben das Glück noch vor den grossen Massen die Region zu entdecken und wenn man auf eigene Faust unterwegs ist, hat man die Möglichkeit, den vielen Quadtouren, Pferdereitern und Tagestouristen auszuweichen.

Gegen Ende unserer Zeit in Avanos ergibt sich noch die Gelegenheit, die positiven Seiten des Winters zu geniessen. Skifahren. Ca. 1h entfernt liegt ein Skigebiet am Fusse eines Vulkans. Eine Skitageskarte für 2 Personen für Fr. 8.-, dass können wir uns nicht entgehen lassen. Und wer nun denkt, wir waren in einem kleinen rudimentären Skigebiet, der täuscht sich. 34 Pisten bietet die Region, die Anlagen modern und die Pisten bestens präpariert. Die Sonne scheint, der Schnee perfekt, die Konditionen könnten nicht besser sein. Einzig die Moschee erinnert uns daran, dass wir nicht in der Heimat sind. Ein gelungener Winterabschluss.

Während unseres Aufenthalts haben wir uns mit unserer weiteren Route befasst und einige Entscheide gefasst. So nutzen wir die Zeit, um unser Visum für den Iran zu beantragen. Es kostet uns einige Nerven, bis wir alles Unterlagen zusammen haben, aber der Aufwand lohnt sich. Rechtzeitig erhalten wir die Bestätigung, dass wir das Visum in Ankara abholen können. Wir sind erleichtert und freuen uns nun auf die Weiterreise. So verabschieden wir uns von Lilian und Galip, den Hunden und den Mitarbeitern der Töpferei. Es war eine schöne Zeit und wir sind ihnen von Herzen dankbar, dass wir in dieser kalten Zeit ein warmes Zuhause haben durften.

Pünktlich zum Aufbruch kommt endlich der langersehnte Frühling. Also los, auf nach Ankara. Wer die Karte angeschaut hat weiss, dass dies nicht gerade auf unserem Weg liegt. So steigen wir einmal mehr in den Bus, diesmal mit verhältnismässig wenig Diskussionen und fahren 4h Richtung Hauptstadt. Wir haben nur ein Ziel in Ankara, die Iranische Botschaft. Der Besuch dort verläuft besser als geplant und nach ca. 2h haben wir unser Visum in der Hand, was für ein Highlight! Nichts wie los in den Südosten, nur noch eine Zugfahrt steht zwischen uns und der Fortsetzung auf dem Rad. Diese Zugfahrt ist aber ein eigener kleiner Blogeintrag wert...

Weil wir so viele Fotos haben, hier ein paar weitere Impressionen aus dieser fotogenen Region.