Immer schneller nordwärts

Zwischenfälle und Umwege gehören zum Reisen und davon gibt es gleich mehrere. Doch führen sie manchmal auch zu schönen Begegnungen.

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Nach Mendoza wollen wir einen weiteren Nationalpark besuchen, den Talampaya. Dort soll es rote Gesteinsformationen geben, die es natürlich nicht zu verpassen gilt. Wir machen uns also auf den Weg, und dieser ist ein wahrer Augenschmaus! Es geht durch wunderschöne Täler und über steile Pässe. Dabei verändert sich die Landschaft gefühlt hinter jeder Kurve. Das Gestein wechselt die Farbe, wir sehen Kakteen und als wir dem Park näher kommen entdecken wir sogar einige Maras, ein viel grösserer Verwandter des Meerschweinchens (auch wenn sie sehr anders aussehen). Wir sind hin und weg. Mit dem Eindunkeln erreichen wir die Pforte des Nationalparks, wo wir unser Zelt aufschlagen.

Am nächsten Tag stehen wir früh auf, um den Park zu besuchen. Leider kann dieser nur geführt betreten werden, so dass wir uns mit rund einem Dutzend einheimischer Touristen in einen gelben Offroad-Bus quetschen. Einmal mehr sticht uns eine argentinische Besonderheit ins Auge. Wir sind wohl die einzigen, die keine Thermoskanne mit Mate dabei haben. Die Stimmung im Bus ist ausgelassen und so holpern wir in einem trockenen Flussbett dem Canyon entgegen. Dort angekommen werden uns die verschiedenen Sehenswürdigkeiten präsentiert. Die Führung ist kurzweilig und wir können unser Spanisch wieder mal ein bisschen üben. In der Pause wird kalter Saft angeboten, was aber auf wenig Begeisterung stösst, da sich die Temperaturen eher auf der kühlen Seite bewegen. Sowieso halten sich die Argentinier lieber an ihren Tee...

Nächstes Ziel ist Chilecito, eine ehemalige Minenstadt. Eigentlich ein unscheinbares Städtchen, fällt sofort die kilometerlange Seilbahn ins Auge, die sich quer durch die Stadt und zum angrenzenden Berg bis auf 4600m hinauf zieht. Diese ist schon lange nicht mehr in Betrieb, zeugt aber von der illustren Vergangenheit dieses Ortes. An der Talstation der Bahn liegt ein Museum, welches wir besuchen und etwas über die Geschichte lernen. Danach machen wir uns auf, um die ersten zwei Stationen zu entdecken. Der Weg führt über holprige Pisten und durch diverse Flüsse. Javier kann also  seine Muskeln spielen lassen. Uns macht es Spass wieder einmal etwas Abseits der Touristenmassen unterwegs zu sein und die Überbleibsel dieser Stationen lassen einen in der Zeit zurückreisen. Alles sieht aus, als wäre es von einem Tag auf den anderen stehen und liegen gelassen worden. Am Drahtseil hängen immer noch einzelne Gondeln, mit denen das Erz aus den Bergen transportiert wurde. Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie die Menschen hier unter diesen harschen Bedingungen gearbeitet haben. Es soll nicht die letzte Mine sein, die wir auf unserem Weg antreffen.

Doch wir sind nicht nur zum Entdecken in Chilecito, sondern wollen auch noch unseren Ersatzreifen kontrollieren lassen. Seit unserem platten Reifen auf der Carretera Austral und der kaputten Bremse, sind wir etwas verunsichert. Und da wir hier im Norden Argentiniens eine grössere Runde durch das Hinterland und damit auf schlechten Strassen machen wollen, sind wir darauf angewiesen, dass alles tadellos funktioniert. Wir landen also einmal mehr bei einer "Gomeria", wo sich schnell herausstellt, dass unser Ersatzfelgen nicht für unser Auto gemacht ist. Na bravo! Wir müssen also einen Neuen finden, was sich als ziemlich schwierig herausstellt. Wir klappern die verschiedenen kleinen Garagen und sogar einen Schrottplatz ab, ohne Erfolg. Und dann läuft uns auch noch die Zeit davon, denn am nächsten Tag beginnt der Karneval und die Geschäfte schliessen gleich für fünf Tage. So macht es einfach keinen Sinn und wir entscheiden uns notgedrungen, die Suche abzubrechen. Uns bleibt nur eine Lösung, nämlich bis nach Salta, der nächsten grossen Stadt durchzufahren und die Runde dann in der Gegenrichtung zu machen.

Und so heisst es für uns einmal mehr fahren, fahren, fahren. Diesmal führt unser Weg nicht durch die Pampa, sondern ist äusserst abwechslungsreich und spannend. Da wir nun aber diesen Abschnitt ja noch einmal fahren werden, schauen wir uns noch nichts an, sondern sparen es für später auf.

Einen grossen Vorteil hat das verfrühte Ankommen in Salta. Der Bruder eines Studienkollegen von Beni und seine Frau, Daniel und Noëmi, sind zur selben Zeit im Ort, nachdem wir uns in den vergangenen Wochen jeweils verpasst haben. Auch wenn wir uns vorher gar nicht, beziehungsweise nur wenig gekannt haben, verstehen wir uns auf Anhieb. Auch tut es richtig gut, wieder mal einfach drauflos reden zu können. So verbringen wir drei genussvolle Abende zusammen, die jeweils länger und länger werden. Das ist jedoch kein Problem, denn damit passen wir uns nur dem Rhythmus der Argentinier an. Auch deren Spezialität "Parilla", also Fleisch vom Grill, wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Schlussendlich sind wir aber mit der schieren Menge an Fleisch doch etwas überfordert. Da halten wir uns in Zukunft doch lieber wieder an die hier unglaublich leckeren und variantenreichen "Empanadas".

Als die Festtage dann vorbei sind, können wir auch endlich beim Mechaniker vorbei. Dieser bestätigt den Befund mit dem falschen Felgen noch einmal und verkauft uns einen gebrauchten Originalfelgen von Toyota, der natürlich noch kurz getestet wird. Ein paar Franken ärmer, dafür jetzt mit einem guten Gefühl, wollen wir uns nun doch noch auf unsere Runde wagen. Vorher wollen wir aber noch einen Abstecher zu weiterem Gestein (ja, das ist hier im Überfluss vorhanden) machen, die es nicht zu verpassen gilt, die farbigen Felsen von Humahuaca.

Auf dem Weg dorthin übernachten wir in einem Ort, wo wir erstmals auf die ganzen Souvenirs stossen, die wir so vor allem aus den anderen Andenländern wie Peru, Ecuador oder Bolivien kennen. Die farbigen Stoffe und Lamamotive sind überall anzutreffen und es wird klar, dass hier die indigene Kultur einen hohen Stellenwert geniesst, etwas dass bis jetzt nicht wirklich spürbar war. Wir schlendern also durch das bunte Treiben und essen gleich auf der Strasse frisch vom Grill.

Am nächsten Tag besuchen wir dann die farbigen Felsen auf über 4000m Höhe. Auf dem Rückweg dann das Unglück. Wir haben wieder einen platten Reifen. Das gibt es doch nicht! Zwar funktioniert diesmal alles mit Anbringen des Ersatzreifens, dennoch entschliessen wir uns, gleich noch einmal nach Salta zurückzufahren, um neue Hinterreifen zu kaufen. Das bisschen Vertrauen, welches wir uns langsam aufgebaut hatten ist schon wieder weg. Und so wollen wir schlicht nicht ins argentinische Hinterland. So heisst es also Salta zum Zweiten. Wir klappern gefühlt sämtliche Pneuhändler der Stadt ab, um den besten Preis zu finden, was aber nichts nützt. Importgüter sind aufgrund der starken Inflation hier einfach sehr teuer und so müssen wir wohl oder übel tiefer in die Taschen greifen. Wir hoffen dass es dies der Wert ist, denn nun gibt es endgültig keinen Grund mehr, nicht endlich auf unsere langersehnte Runde aufzubrechen...