Vom Winde verweht

Von unserem ständigem Begleiter auf der letzten Etappe südwärts.

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Da sind wir nun im Süden Chiles und damit wieder inmitten der Touristen. Diese lassen sich im Moment allerdings nicht blicken, denn das Wetter ist schlecht. Neben Regen sind auch Stürme angesagt, was hier unten etwas heissen soll, denn die Patagonischen Winde sind sowieso schon berüchtigt. Wir entschliessen uns, Puerto Natales und den Torres del Paine Nationalpark links liegen zulassen und gleich noch weiter südlich zu fahren. Auf dem Weg hoch kommen wir hier sowieso noch einmal vorbei. Da bei diesem Wetter an ein Schlafen im Dachzelt nicht zu denken ist, nehmen wir uns ein Zimmer in Punta Arenas, wo wir die stürmischen Tage aussitzen. Wäre sowieso nicht anders gegangen, denn die Fähre über die Magellan Strasse fährt so auch nicht. So kämpfen wir uns gegen den Wind durch die Strassen und sind froh um das Coworking Café einer grossen Bank, welches kostenlos benutzt werden darf. Auch das gehört zum Reisen.

Als der Wind wieder etwas nachlässt, was an dieser Stelle sehr relativ gemeint ist (das Titelbild wurde bei "normalen" Verhältnissen aufgenommen), setzten wir endlich mit der Fähre über und befinden uns nun auf "Tierra del Fuego", Feuerland. Viel haben wir uns von dieser Insel versprochen, uns erwartet aber erst einmal viel Nichts. Der grösste Teil ist eine Einöde, über den die Winde pfeifen. Zum Glück gibt es hier eine Königspinguinkolonie, die wir natürlich besuchen. Übrigens die einzige ihrer Art auf dem Festland. So können wir uns über die karge Landschaft hinwegtrösten.

Die erste Veränderung ist dann fürs erste Mal ein weiterer Grenzübertritt nach Argentinien. Und dann fällt da doch etwas auf. Überall, ja wirklich überall, finden sich offizielle Strassenschilder auf denen Dinge wie "Las Malvinas son Argentinas" stehen. Gemeint sind damit die Falkland Inseln, welche nach hiesigem Verständnis zu Argentinien gehören. In den Städten finden wir dann kilometerlange Gedenkstätten, die an diesen Krieg mit dem Vereinigten Königreich erinnern. Scheinbar ist dies hier immer noch ein grosses Thema, denn es finden sich auch immer wieder Autos, Wohnmobile oder Motorräder, die mit ähnlichen Motiven bemalt sind. Uns war nicht bewusst, wie aktuell dieser Konflikt doch noch zu sein scheint.

Wir kommen immer weiter südlich und endlich erheben sich wieder Berge vor uns. Dahinter wartet der südlichste Punkt unserer Reise, Ushaia. In dieser Stadt, die sich selber das Ende der Welt nennt und von der aus die Schiffe in Richtung Antarktis ablegen, wollen wir Silvester feiern. So sind wir also zum Ende des Jahres am Ende der Welt. Irgendwie passend. Nur das Feiern haben wir uns irgendwie anders vorgestellt. Unter Reisenden hatte sich nämlich der Plan rumgesprochen, Neujahr im Irish Pub in Ushuaia zu begehen. Auch wir sind angetan von dieser Idee und machen uns daher auf, diese vielbesungene Bar aufzusuchen. Doch dann die grosse Enttäuschung, sie hat geschlossen. Doch nicht nur diese, sondern auch sämtliche anderen Bars und Restaurants. Was für eine Enttäuschung. Nach einigem Suchen geben wir auf und kaufen uns ein völlig überteuertes Bier in einem Bistro, welches zum bersten voll ist mit anderen Gestrandeten. Mit ein bisschen Geschäftssinn hätte man in dieser Nacht wohl reich werden können... So stossen wir in der Dämmerung (ja, so hell ist es hier noch) im Auto an und lassen das vergangene Jahr Revue passieren. Unser erstes (und einziges) volles Jahr, welches wir auf Reisen verbringen. Unglaublich, was wir alles erleben durften. So standen wir vor genau einem Jahr noch bei eisigen Temperaturen um ein Feuer im Obdachlosenheim in Bulgarien. Die Temperaturen sind in Ushuaia zwar etwas wärmer, aber nicht so sehr, wie wir uns dies wünschen würden. Auch wenn es hier eigentlich Sommer ist, müssen wir uns mit rund 5 Grad begnügen. Dazu kommen Regen und Nebel und keine Besserung in Sicht. Nach drei Tagen Warten auf besseres Wetter geben wir auf und entscheiden uns, die Reise nordwärts anzutreten.

So fahren wir wieder zurück nach Punta Arenas, wo wir uns ein besonderes Highlight aufgespart haben. Wir wollen nämlich auf die "Isla Magdalena", wo man inmitten von Magellan-Pinguinen spazieren gehen kann. Beinahe kommt es aber nicht dazu, denn als wir zum ausgemachten Zeit beim Touranbieter auftauchen, erfahren wir, dass der Bus bereits abgefahren sei. Uns wurde also eine falsche Zeit gesagt, was aber zuerst einmal abgestritten wird. Da wir jedoch nicht die einzigen sind, die so stehen gelassen wurden, lenken sie dann doch noch ein und organisieren uns zwei Plätze auf der eigentlich bereits ausgebuchten Tour des nächsten Tages. Immerhin, denn wir haben uns sehr auf die kleinen Tiere gefreut. So tauchen wir am nächsten Morgen erneut auf und kommen diesmal auch tatsächlich auf den Bus. Dabei wird das Ausmass der chaotischen Organisation sichtbar. Wir sind froh, als wir im Schiff zur Insel übersetzen. Während genau einer Stunde darf man einen Rundgang begehen, der vorbei an hunderten von Pinguinen führt. Wir sind begeistert und können die Kameras kaum weglegen. Aber seht am besten selbst...

Nach dem Aufenthalt auf der "Isla Magdalena" fahren wir noch eine zweite Insel an, die wir aber nicht betreten. Dort können wir jede Menge Seelöwen beobachten, die sich auf den Steinen räkeln, im Meer tollen oder in Machtkämpfe verwickelt sind. Die freundlichen Guides beantworten allfällige Fragen und man merkt, dass ihnen diese Tierwelt echt am Herzen liegt. Zufrieden sitzen wir danach im Boot und steuern unter dem Dröhnen der Motoren wieder dem Ausgangspunkt entgegen. Ein teurer Ausflug, der sich aber definitiv gelohnt hat.

Nun wollen wir aber schleunigst zurück nach Puerto Natales und zum Nationalpark "Torres del Paine", denn es zeichnet sich ein gutes Wetterfenster ab, das wir unbedingt nutzen wollen!