Heiss, farbig, anders. Hola Colombia.

Grün, heiss, fruchtig. In Kolumbien erfahren wir Karibik Feeling und lernen nochmals eine komplett neue Seite von Südamerika kennen. Ein perfekter Stopp auf dieser langen Reise, der unsere Sinne nochmals neu aufhorchen lässt.

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Und plötzlich landen wir in einer neuen, für uns noch unbekannten Welt. Landen ist das richtige Wort, denn da wir nun autolos sind, sind wir gezwungen auf andere Fortbewegungsmittel auszuweichen und so fliegen wir aus dem herbstlich warmen Santiago de Chile nach Cartagena an der Karibikküste Kolumbiens. Das erste Land im zweiten Reisejahr, welches für uns beide unbekannt ist.

Und an der Karibikküste trifft uns erst mal der Schlag, oder besser gesagt die Hitze. Nachdem wir fast 8 Monate in mehrheitlich kühleren Klimazonen unterwegs waren, sind wir etwas überrumpelt von den hochsommerlichen Temperaturen und der ebenso hohen Luftfeuchtigkeit. Wie immer müssen wir uns zurechtfinden in einer neuen Kultur. Kolumbien hat einen schlechten Ruf aufgrund seiner Vergangenheit, aber die Sicherheitslage hat sich in den letzten 20 Jahren drastisch verbessert, so dass es sich zu einer beliebten Reisedestination gemausert hat. Auch an die neue Klimazone müssen wir uns zuerst gewöhnen und sind dem entsprechend froh, haben wir unsere Priorität bei der Unterkunft auf eine Klimaanlage gesetzt, goldrichtig! Die Altstadt Cartagenas besticht durch hübsche Kolonialbauten, entsprechend geschwemmt wird sie von Touristen. Die Hitze und die Massen lassen uns nicht lange dort verweilen, aber wir geniessen die Abende im Quartier Getsemaní. In den schmalen Gassen hat jeder vor seiner Haustür eine kleine Bar aufgebaut, Musik trällert aus allen Ecken, Streetfood sättigt den Magen und die Stimmung ist fröhlich. In dieser Ecke feiern wir auch Benis Geburtstag mit bestem italienischen Essen.

Etwas östlicher an der karibischen Küste befindet sich der Tayrona Nationalpark. Wir sind nun also als klassische Backpacker unterwegs, was bedeutet viel Bus fahren. Einerseits ist man froh, den der Fahrstil der Kolumbianer ist wild und da möchte man ungern selber fahren, andererseits sind manche Fahrten echt unangenehm, vorausschauend wird hier jedenfalls nicht gefahren. Auf dem Weg in unsere Unterkunft haben wir das Vergnügen, gefühlt tausend Clips von anderen Touristen im Taxi unseres Chauffeurs zu schauen und natürlich müssen auch wir ein obligates Video aufnehmen für seine Sammlung. Nach vielen kargen Regionen geniessen wir das üppige Grün, das ein Grossteil des Landes bedeckt. So liegt auch unsere Unterkunft mitten im Grünen, es kommen richtige Jungle Vibes auf. Der Tayrona Nationalpark ist der bekannteste des Landes und schützt einen längeren Küstenabschnitt mit traumhaften Stränden. Wir geben es uns so richtig, weil wir uns nicht entscheiden können, was wir sehen wollen und weil wir kein Geld für ein Mototaxi mit völlig überrissenen Preisen ausgeben wollen. In einem Tag besuchen wir alle Strände, was eine ziemliche Tour ergibt. Tatsächlich sind die Strände traumhaft, aber teilweise etwas fest überbauen mit Campingplätzen und Restaurants. Ein Highlight folgt kurz vor Schluss, als wir eine Affenbande hautnah erleben dürfen. Und ein weiterer Höhepunkt folgt beim Sprung in den Pool unserer Unterkunft, dieses Bad haben wir uns hart verdient.

Am nächsten Tag spüren wir, dass wir schon länger keine Wanderungen dieses Ausmasses unternommen haben. Zum Glück müssen wir nur in den Minibus und eine kurze Strecke bis nach Palomino fahren. Das Beste hier ist ja, dass man einfach den Daumen raushält und die Minibusse direkt vor der Haustüre anhalten, entsprechend kann man auch einfach wieder aussteigen wo man wünscht. Ein kurzer Ruf an den Chauffeur genügt. Ein Hoch auf die nächste klimatisierte Unterkunft, nachdem wir vorher eine fast schlaflose Nacht hatten, da es so heiss war. Es sind die kleinen Dinge. Palomino ist ein Dörfchen an der Küste welches zum verweilen und lecker Essen einlädt. Genau dass was wir wollen. Wir verbringen die Tage im klimatisierten Zimmer, am Strand, mit gutem Essen und in netter Gemeinschaft mit Lena und Oli aus der Schweiz, welche wir zuletzt in Sucre getroffen haben. Um es mit den Worten von Dodo zu sagen: "Es fühlt sich a wie Ferie" (Zürimaa in Bärn).

Aber bekanntlich enden alle Ferien einmal und wir machen einen "Gump" ins Inland. Wir sind uns nicht mehr gewohnt, dass Strecken einfach so vorbei gehen, ohne dass wir sie selber bewältigen müssen. In den Bus und los gehts. Nicht dass dies unbedingt ein Vergnügen wäre. Diese Nachtbusfahrt bleibt in Erinnerung, wenn auch nicht in guter. Der Fahrstil, also eher ohne Stil, lässt einen kaum ein Auge zudrücken. Kaum nickt man ein, brettert der Fahrer masslos über ein Loch, es bleibt nur noch Mitleid für die Stossdämpfer übrig und selbst für die Einheimischen scheint der Fahrstil unangebracht, denn es schallen immer wieder einmal Reklamationsrufe durch den Gang, leider werden diese nie gehört. Aber gut, wir kommen unbeschadet an und nach zwei weiteren, weniger haarsträubenden Fahrten erreichen wir hundemüde Barichara.

Das kleine Dörfchen oberhalb von San Gil begeistert uns ab der ersten Minute. Es herrscht ein angenehmeres Klima und die Gassen laden zum Schlendern ein. Der ganze Dorfkern ist gut erhalten im kolonialistischen Stil und durchaus fotogen. Am nächsten Tag gönnen wir unseren Beinen etwas Auslauf. Vom Dorf aus führt ein alter Weg nach Guane, ein weiteres kleines Dörfchen in der Nähe. So endet unser Ausflug auf dem Land und die nächste Stadt ruft, keine geringere als die Hauptstadt Bogotá. Ihr eilt ein Zwiespältiger Ruf voraus unter Reisenden, darum wollen wir uns selbst eine Meinung bilden. Um es vorneweg zu nehmen, die Metropole haut uns nicht aus den Socken. Die Aussicht vom Hausberg ist zwar hübsch, aber die 2h anstehen bei der Gondelbahn irgendwie nur mässig wert. Die Altstadt hat auch einige schöne Ecken zu bieten, aber alles in allem nicht überragend. Die Armut wird deutlich sichtbar, in vielen Ecken liegen Menschen in ihren Decken gewickelt am Boden zum Schlafen, ein trauriges Bild. Ein konkretes Ziel aber haben wir in der Hauptstadt, Netflix sei Dank. Der Streamingdienst hat nämlich eine Serie über Streetfood in Südamerika herausgegeben und der Perseverancia Markt in der Hauptstadt ist Teil davon. Die Markthalle beherbergt zahlreiche Essstände, welche typische Gerichte aus dem ganzen Land verkaufen in ausgezeichneter Qualität. Dementsprechend ist die Halle um die Mittagszeiten zum Brechen voll, aber nach einiger Zeit finden auch wir ein Platz und geniessen ein "Mote de Queso".

Nach dem Besuch in der Hauptstadt und einer weiteren Busfahrt durch bergiges Gelände (Kolumbien wird von drei Hügelketten durchzogen, dementsprechend häufig fahren wir rauf und runter) erreichen wir Salento in der Zona Cafetera. Diese Ecke gilt als DIE Kaffeeanbau Region des Landes, und für die braune Köstlichkeit ist Kolumbien schliesslich auch bei uns bekannt. Touristisch, aber bildhübsch, so lässt sich Salento beschreiben. Die farbigen Häuschen und die vielen guten Kaffees vertreiben Kummer und Sorgen oder so. Wir bilden uns weiter und lernen den Werdegang von Kaffee kennen. Die besten Bohnen werden übrigens exportiert. Der Alltagskaffee in Kolumbien wird "Tinto" genannt, ist geschmacklich leicht süsslicher als der uns bekannte und wird aus den Resten oder beschädigten Kaffeebohnen produziert. Ein spannender Ausflug in eine uns noch unbekannte Welt gefolgt vom nächsten Tag, wo wir auf einer entspannten Wanderung die höchste Palmenart der Welt, die  "Quinido Wachspalme" bestaunen. Die höchsten Exemplare ragen bis zu 60m in den Himmel und die Palmen wachsen in Höhenlagen von 2000-3000 Metern in Bergregenwäldern.

Die Tage vergehen wie im Flug und eine Busfahrt später erreichen wir Medellín. Fürs erste nur für eine kurze Nacht, wir reisen gleich weiter nach Guatapé. Den Ort besuchen wir nur, weil er wirklich direkt auf unserer Route nach San Rafael liegt, jedoch ist er unter Touristen sehr wohl bekannt. Nebst dem hübschen Dorfkern mit den bunten Häusern, welche mit Reliefkunst geschmückt sind, erregt vor allem der "El Peñol" Aufmerksamkeit. Der Granithügel ragt in den Himmel und kann über ungefähr 700 Tritte erklommen werden (die Angaben über die Anzahl der Tritte variiert je nach Quelle, gezählt haben wir nicht), welche den Aufwand wert sind, denn der Ausblick lässt sich sehen.

Nach diesem Zwischenstopp erreichen wir San Rafael, respektive unser Hostel, welches irgendwo im grünen liegt. Sowieso, grün ist Kolumbien immer noch. Die Vegetation ist häufig sehr üppig und viele Flüsse und Bäche schlängeln sich durch die Landschaft. Grosser Pluspunkt dieser tropisch üppigen Landschaft, die Früchte. Ein echter Traum. Überall frische Früchte, für uns teils unbekannte. Jedes Frühstück enthält einige, jede Unterkunft hat einen Mixer, so dass man seinen eigenen Saft machen kann, das werden wir vermissen. Das Hostel in San Rafael ist eine wahre Oase. Hier lassen wir die Seele baumeln, gehen im Fluss baden, beobachten die Vögel und lassen uns kulinarisch verwöhnen. Und um Kulinarik handelt auch unser Ausflug am Folgetag. Endlich lernen wir Schweizer, wie man Schokolade herstellt. Auf einem kleinen Familienbetrieb werden wir in das Geheimnis der Produktion eingeführt, dürfen selber mit anpacken und lernen auf dem Rundgang durch das Gelände noch viel mehr als bloss Kakao und Schokolade. Man merkt, dass unser Guide mit der Natur aufgewachsen ist, er weiss unglaublich viel über jegliche Pflanzen und deren Interaktionen, so dass Biodiversität hier noch funktioniert. Das produzierte Endprodukt schmeckt uns beiden nicht gleichermassen, aber den Ausflug war es allemal wert.

Erneut kehren wir für eine Übernachtung nach Medellín zurück, leider nicht ganz so zügig wie erhofft. Unser Colectivo, so heissen die kleinen Buse, die meist erst losfahren wenn sie gefüllt sind, hat Probleme. Wahrscheinlich ein Leck bei der Kühlflüssigkeit, so vermuten wir als Fahrzeugspezialisten (Ironie). Nachdem das Problem entdeckt ist, muss der Chauffeur regelmässig Kühlflüssigkeit nachfüllen, aber auch so erreichen wir, inmitten einer Dampfwolke, irgendwann die Grossstadt. Vor dem Schlafen noch eine lustige Begegnung in unserem Airbnb, ist doch dort tatsächlich ein Schweizer, welcher aus dem exakt gleichen Ort kommt, in dem Beni aufgewachsen ist. So gross und doch so klein ist die Welt.

Bereits steht unser letzter Abstecher in Kolumbien an, und dieser hat es nochmals in sich. Seit Beginn stand der Besuch der Pazifikküste ganz weit oben in der Wunschliste, vor allem von Sara. Die Küste ist kaum erreichbar per Strasse, also folgt die Anreise über die Luft. Wir fliegen ja bekanntlich beide nicht das erste Mal, doch es wird definitiv eine Premiere. Am Flughafen angekommen, ist unser Flug nirgendwo angeschrieben. Nach einigem Nachfragen findet uns jemand, welcher uns einfache Tickets aushändigt und durch den Security Check führt. Auf der anderen Seite wieder keinerlei Informationen zum Flug, doch wieder taucht jemand auf und fordert uns auf, ihm zu folgen. Ohne Plan was genau läuft, laufen wir aufs Flugfeld und sehen unser Flugzeug, oder wohl eher unser Fliegerchen. Mit dem Pilot hat es Platz für 6 Personen. Wir wussten im Vorfeld, dass wir nur 10kg Gepäck mitnehmen dürfen und dementsprechend ein kleines Flugzeug auf uns zukommt, aber so klein, dass war eine Überraschung. Aber gut, das Gepäck wird verstaut, wir werden platziert (das Gewicht muss ausgeglichen verteilt werden) und dann rollen wir auch schon zur Piste. Eine wahre Freude. Der Flug verläuft erstaunlich ruhig und nachdem wir über Medellín gekreist sind, um ausreichend Höhe zu gewinnen, überfliegen wir den angrenzenden Hügelzug und endlosen grünen Dschungel,  bevor wir zur Landung ansetzen. Willkommen im Paradies Nuquí. Das kleine Dorf an sich wirkt nicht sehr paradiesisch, aber wir reisen ja noch weiter. Nach einiger Zeit, wo wir wie bestellt und nicht abgeholt am Flugplatz stehen, taucht wieder jemand auf und bringt uns an den Hafen. In einem einfachen Boot fahren wir ungefähr 40min der kaum bebauten Küste entlang, bevor wir unser Hotel erreichen. Der Ort wird vorallem während der Walsaison häufig besucht, welche aber erst im Juli startet. Wir hätten jedoch nicht gedacht, dass so wenig los ist, denn wir sind die einzigen Gäste im Hotel. Aber der Ort ist genau wie erhofft. Dschungel grenzt an schwarze, einsame Strände und kaum eine Menschenseele verirrt sich an den Strand. Kein Handyempfang, Kokospalmen vor der Haustür. Wir sind ja nicht die grössten Meerfreunde, aber auf diese ruhigen Tage haben wir uns gefreut. Wir verbringen die Tage mit Chillen in der Hängematte, lesen, malen, baden, Frisbee spielen, essen, spazieren, fotografieren. Die Köchin verwöhnt uns mit lokalem Speisen was täglich Fisch beinhaltet, frische Fruchtsäfte und natürlich Arepas. Arepas sind runde Maisfalden, welche in Kolumbien immer und überall gegessen werden. Die Hotelmitarbeiter wohnen auch gleich vor Ort, so dass wir mal mit ihren Kindern Frisbee spielen oder zum Beachvolley eingeladen werden. Ausserdem besuchen wir ein natürliches Thermalbad sowie kleinere Wasserfälle mitten im Dschungel. Die Tage sind ein wahrer Genuss und nach den vielen Reiserein tut das wenig Machen und einfach Sein richtig gut. Nach vier Nächten im Paradies fliegen wir zurück, diesmal ein minimal grösseres Flugzeug und einem weiteren Schweizer Gast. Ein Student, welcher sein Austauschsemester in Medellín macht, fliegt auch mit.

Nach der Natur folgt der Grossstadt Dschungel. Nachdem wir bereits zwei mal in Medellín übernachtet haben, bleiben uns nun noch einige Tage, um die Stadt auch zu erkunden, wobei wir auch das eher gemütlich angehen. Nach so langer Zeit auf Reisen merken wir, dass die Energie und Entdeckerlust nicht mehr gleich gross ist wie zu Beginn. Die Stadt hat sich in den letzten 20 Jahren gewaltig gewandelt, so dass man sich heute ziemlich frei und sicher bewegen kann. Neue, topmoderne Quartiere sind entstanden und die schwerer zugänglichen Quartiere am Hang mit Seilbahnen und Rolltreppen besser erschlossen, mit ein Schlüssel, dass die Kriminalität zurück gegangen ist. Aber natürlich auch viele weitere Faktoren haben dazu beigetragen, und darüber lernen wir etwas auf einer Walking Tour durch die Comuna 13, ein Paradebeispiel für den Fortschritt Medellíns. Die Bewohner der Stadt sind stolz, dass ihr Zuhause nun als ein Ort des Fortschritts und des Wachstums ist und wollen sich nicht mehr mit den schrecklichen Geschehnissen aus der Vergangenheit auseinandersetzen, sondern vorwärts schauen. Natürlich gibt es nach wie vor Kriminalität, Drogenhandel und Mafia, aber das Leben hat sich für die Allgemeinheit stark verbessert. Ebenfalls mitten ins Leben tauchen wir ein beim Besuch eines Fussballspiels. Independiente Medellín spielt, einer von zwei Stadtklubs und wir sind dabei. Vor dem Stadion sind alle Leute am essen, die Stimmung ist gemütlich. Drinnen spielt durchgehend eine Bläsertruppe, sie halten das ganze Spiel die Stimmung hoch. Die Fangesänge sind nicht ein paar einfache Sprechchöre, sondern ganze Lieder, welche aus voller Kehle mitgesungen werden. Leider verliert das Heimteam, aber ein Highlight wars trotzdem. Sonst geniessen wir das breite kulinarische Angebot, suchen uns gute Kaffees und planen letzte Dinge für unser bevorstehendes (Lama-)Abenteuer in Peru.

Das war es auch schon mit Kolumbien. Einen knappen Monat hatten wir Zeit, in diesem Land ein bisschen zu schnuppern. Es gäbe noch viele Ecken zu entdecken, doch fürs erste muss dies reichen. Kolumbien war eine Freude, hat uns nochmals neue Facetten des Kontinents entdecken lassen und auch hier können wir nicht ausschliessen, dass wir irgendwann zurück kehren werden. In diesem Sinn, hasta luego Colombia!